R.I.P. Eva Afuhs – Abschlussbericht Symposium “KRONLEUCHTER – JUWELEN des LICHTS”


Eva Afuhs (* 1954 in Wien; † 8. April 2011 in Zürich)

In tiefer Trauer und tief erschüttert müssen wir, die wir so stolz auf die gemeinsame Pionierleistung waren, erdacht und ausgeführt am Museum Bellerive in Zürich, dessen Direktorin EVA AFUHS war, ihren tragischen Unfalltod am 8. April 2011 bekanntgeben.

Unsere Gesellschaft und alle Teilnehmer des Symposiums trauern mit ihren Angehörigen, Mitarbeitern im Museum Bellerive und Freunden.

 

An dem Tag da ich die lähmende Nachricht erhalte, an dem Tag als der von Eva Afuhs persönlich mir übersandte Pressespiegel hier eingetroffen ist, möchte ich über ihr Projekt berichten:

 

ABSCHLUSSBERICHT Symposium “KRONLEUCHTER – JUWELEN des LICHTS”

Peter Rath, LIGHT and GLASS Vorstandsmitglied Wien

J. & L. Lobmeyr Chandelier 2540-10 “First Electrical” / “Edison” - Erster elektrischer Kristallluster mit Edisonlampen, Ludwig Lobmeyr 1883; Photo: © J. & L. Lobmeyr, Wien

J. & L. Lobmeyr Chandelier 2540-10 “First Electrical” / “Edison” – Erster elektrischer Kristallluster mit Edisonlampen, Ludwig Lobmeyr 1883; Photo: © J. & L. Lobmeyr, Wien

J. & L. Lobmeyr Chandelier 6873-1432, Moscow Kremlin; Photo: © J. & L. Lobmeyr, Wien

J. & L. Lobmeyr Chandelier 6873-1432, Moscow Kremlin; Photo: © J. & L. Lobmeyr, Wien

Die erste, umfassende Museumsausstellung zur Gestaltung des Kronleuchters, Lusters, Chandeliers seit Ende des 17. Jahrhunderts bis heute wurde am 2. Dezember 2010 abends im Museum Bellerive in Zürich von der Museumsdirektorin Eva Afuhs, dem Rektor Prof. Dr. Meier und einer inhaltlichen Einführung durch Dr. Käthe Klappenbach feierlich eröffnet.

Nach 16 Workshops, Schulführungen und mit einer Sonderführung von Dr. Käthe Klappenbach am 30. Jänner 2011, haben knapp 9.000 Besucher diese einzigartige Ausstellung besucht, die gemeinsam mit unserer Gesellschaft LIGHT and GLASS veranstaltet wurde.

Schon bei unserer Jahreskonferenz in Spanien 2009 besprach Eva Afuhs mit uns ihre Idee zu dieser Ausstellung, deren Planung und vorbildhafte Durchführung von ihr und ihrem Team in Zürich mit wissenschaftlicher Beratung durch Dr. Käthe Klappenbach realisiert wurde.

Neben zahlreichen Leihgebern sind als Hauptsponsoren die Firmen Baccarat, Paris und Lobmeyr, Wien zu nennen.

 

Das Symposium, zu dem am 25.März schon zur Eröffnung über 60 Teilnehmer erschienen, begann nach der Begrüßung durch die Direktorin Eva Afuhs. Es folgte am Abend der Einleitungsvortrag “Licht für die Macht – Die Beleuchtung im Kaiserschloss Posen” vorgetragen von Dr. Käthe Klappenbach aus Potsdam: (wird noch veröffentlicht)

Sie stellte in ihrem Vortrag dar, wie Kaiser Wilhelms II. mittels des ikonographischen Programms das Licht und die Gestaltung der Träger des Lichtes zur Präsentation seiner Machtbestrebungen nutzte. Dr. Klappenbach zeigt dann, wie auch bei den umfassenden Veränderungen in der Nazizeit, die Inszenierung der Macht vor allem mit Licht, eine enorme Rolle spielte.

(Für mich war der Besuch der einzigen, fast noch authentischen “Hitlerarchitektur” in Schloss Posen, mit den noch funktionierenden Kristallbeleuchtungen, mit alten Schaltern und mit den alten Lampenfassungen und Teerkabeln ein makaberes Erlebnis).

 

Am Samstag dem 25. März beginnt das Programm mit dem Vortrag von Dipl.Ing. Inge Sommerlatte, zum Thema “Das Licht im Leuchter”

Frau Sommerlatte bringt als Lichtplanerin aus Zürich, in sehr anschaulicher, verständlicher Weise eine Einführung in die schwierige Materie des “wunderbaren Mediums Licht”.

Zuerst historisch, vom Kienspan über Fackel, Öllampe, Kerze, Petroleum, Gas, über Lichtbogen schließlich zur elektrischen Glühfadenlampe mit den genialen “Edisonfassungen”.

Sie erklärt die verschiedenen Wahrnehmungsarten technisch gemessen und jene des menschlichen Hirnes über die Augen (Atmosphärenwirkung). Sie entwickelt die Themen “Lichttechnik”, “Leuchtmittelvergleich”, “Lichtleistung”, erklärt Einheiten zu “Lichtstrom”, “Lichtausbeute”, “Lichtstärke”, erklärt das Farbspektrum einzelner Lampentypen, beschreibt die Sensoren der Netzhaut im Auge, Farbtemperatur und dessen Wirkungen.

Der Abschluss ist eine Rätsel-Vorführung verschiedenster Lampen:

Kerze, Glühlampe, Halogenlampe, Neon und Leuchtstoff und schließlich die LED-Halbleiter mit all den vielen Vorteilen bei Energieverbrauch, Wärmeentwicklung und Lebensdauer.

Ein besonders gelungener “technisch – erklärender” Vortrag.

 

Den zweiten Vortrag habe ich selbst gehalten “Bildung statt Ausbildung mit Licht”

Mir geht es hier, in einer Zeit der technischen Revolutionierung der Lichtquelle, Ablöse der Edison-Glühlampe um den Wunsch zuerst eine Grundlagenforschung zum Thema “lebendiges Licht”, um Lichtbedürfnis das dann von der Technik bedient wird und nicht von ihr diktiert.

Licht das alle Sinne bedient; Bewegung, abdunkeln, Schatten, mit Farbveränderung, mit Blitzeshelle, Wärme, Mystik, Symbolkraft, Therapie, Licht mit Geruch, mit Wind, mit Geräusch und Musik. Das Auge als Sinneswahrnehmer 0.3 lux in einer lauen Vollmondnacht, dann 10.000 lux am Strand mit Meeresrauschen, kein anderes Organ ist so flexibel!

Wie schon Frau Sommerlatte betont hat, der Mensch misst sein Glücksempfinden anders als das Luxmeter. Die Sonne unter frisch wehendem Lindenlaub bei wechselndem Aprilwetter, alles ist in Bewegung, der Mensch wird da kreativ, gesund, stark und mit Wenigem glücklich..

Ich bedauere das Versagen der Raumkünstler, der Architekten in meiner Generation, die die Beleuchtungsfragen ihrer eigenen Räume an Lampenfirmen, an Contractor abgegeben haben statt dieses kreativste Werkzeug aller Gestaltungsmöglichkeiten selbst und als Künstler zu gestalten und dann erst den Techniker zu rufen um der kreativen Lichtvorstellung zu dienen.

Die Bildung ist eine Persönlichkeitsbildung, nicht Ausbildung zum Lampen- Lusterdesign wie derzeit noch betrieben. Zweifellos mit der Lichtlösung geht es auch um die “Möblierung der Lüfte” wie mein Vater schon gepredigt hatte, mit sichtbarer raumadäquater Skulptur.

Ich spreche mich gegen die gleichmäßige “Ausleuchtung” von festlichen Räumen aus, das kann bei Fabrikhallen, bei Stiegen und Gängen notwendig sein, nicht aber wo sich wirkliche Menschen treffen, aufhalten, intensiv arbeiten, leben, erleben, erleuchtet sein wollen.

Dazu brauchen wir die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Lichtes, brauchen den Restaurator der die wertvollen Originale erhält und uns deren inneren Sinn erklärt.

Im alten Schulort Steinschönau in Nordböhmen gründet Amy Brabender, die hier am Symposium teilnimmt, mit ihrer “International Glass Alliance Inc.” ein privates “Institut für Bildung mit Glas und mit Licht” an dem auch ich teilnehme.

Nach über 50 jähriger Berufserfahrung mit Kristalllustern für die ganze Welt, weiß ich, wie dringend, kulturell und dann erst ökonomisch gedacht, das neue Licht für uns Menschen sein wird. Weil es für den Menschen sein muß, wird es viel aus der alten Natur nehmen wollen, das Licht der Sonne des Mondes der Sterne, auch des Feuers können wir nicht vergessen bei Nacht, oder im abgedunkelten Kunstraum.

 

Es folgte eine Führung durch die Ausstellung durch Direktorin Eva Afuhs und Käthe Klappenbach. Johannes Rath sprach zu seinem Erlebnis mit Lustern in der New Yorker Met. Mein persönlicher “Liebling” ist ganz zum Schluß, die Arbeit von Alicja Wasielewska aus Polen. Diese Glasfaserkreation ist wie ein Modell zu atemberaubender riesiger lusterhaften Saalausleuchtung?

 

Im Zeichen großer Erfahrung, der Vortrag von Prof. Dr. Anna Wirz-Justice von den Kliniken in Basel: “Licht und Psyche”

Sie betont die nichtvisuellen Funktionen des Lichtes, etwa um die “Monthly Chronologie” die zeitliche Ordnung im menschlichen Gehirn. Der 24h-Rhythmus der inneren Uhr wird mit Tageslichttherapie und mit Kunstlichtdecken geregelt, etwa bei “Novemberdepressionen”.

Unsere Kulturgewohnheiten beeinflussen unsere bisher natürliche Lichtzeit bei gebauter Umgebung. Oft ist dies in Arbeitsräumen: bei Tag zuwenig Licht. Zuviel Licht und zu lange Helligkeit dann bei Nacht.

Das Licht der Natur ist unglaublich dynamisch von 0,3 bis 10.000 lux. Wichtig sind die Morgen- und die Abenddämmerungen mit ihren Farbanteilen. Prof. Wirz-Justice betont die Wichtigkeit der Licht-Bildung mit all den Unterschieden geographischer Regionen, Kulturen und der einzelnen Menschen. Der Künstler, der Architekt und der Lustermacher müssen sich zusammen mit dem Menschen, den Benützern, einigen, welches Licht zu welchen möglichen Energiebedürfnissen sie sich wünschen, dann erst sollte der Techniker die Lampenindustrie als Diener dieser Ideen herangezogen werden.

 

Frau Prof. Dr. Irmgard Frank, von der Technischen Universität Graz spricht zu Thema:
“Raum – Atmosphäre – Licht”
Sie sieht ihre Aufgabe den Architekten als künstlerischen “Generalisten” zu “bilden”. Kenntnisse sind selten ganz neu, der Raum ist wie ein Lichtgefäß (Beispiel: das Pantheon), sie empfiehlt dem “natural light angle” zu folgen um gewohnte Wirkungen von Tageslicht und Tagesschatten zu nutzen, für Orientierung, für Security und Wohlbefinden. Direktes und auch indirektes Licht (lightwash). Der Entwerferprozess berücksichtigt Stimmungen, Quellen, Lichtrichtung (Spot). Die Klasse in Graz arbeitet derzeit für Firma Zumtobel an einem Lichtprojekt mit Wolkenstimmungen, gedacht für einen Theaterraum. Durch ähnliche Anregungen kommt es zu wirklich neuen Inszenierungen durch mutige Künstler. Die wichtige Frage: “Woher kommt mein Licht”? Licht braucht Materie um sichtbar zu werden, Brechung, Reflexion. Die Wissenschaft (etwa das Atelier Bartenbach) kann messen, vergleichen, es sind Lichtplaner (Theaterregisseure), sie lassen eine Wand etwa, mit Licht “verschwinden”. Es wird ein und derselbe Raum als Labor mit verschiedenen Lichtmitteln, Lichterscheinungen als “Researchproject” ausprobiert.

Der Unterschied von LED und Halogenlampen ist immer auch medizinisch zu erproben.

 

Nach einer Pause zum Frischlufttanken draußen am See versammeln sich die Teilnehmer zum

“Gespräch über die Zukunft des Kronleuchters” mit Sophie Cotelle-Vigroux, von Baccarat Paris und mit Johannes Rath, von Lobmeyr Wien unter Moderation von Eva Afuhs:

Baccarat zeigt neue Stücke zweimal im Jahr im “Grand Catalogue”, der weltweite Verbreitung findet. Beleuchtungsprojekte verlassen den “classic style”, es geht dann um die Einbringung neuester Technologie, diese führen zu neuen Ideen mit bekannten Designern, wenn sich alles in den “Baccarat-Code” einordnen lässt, kommt es zu neuen Modellen.

Lobmeyr als “New Brand” erarbeitet lieber direkt mit dem Architekten und dem Kunden in eigener Werkstätte handwerklich ausgeführte individuelle Einzellösungen. Einige Spezialteile werden oft bei ganz kleinen Meisterbetrieben ausgeführt und dann eingebaut.

Baccarat bevorzugt es, alle Teile im Haus zu fertigen. Da sind 700 Leute beschäftigt, in Spezialwerkstätten wie Gießerei, Kristallhütte, high tech wie Vakuumbeschichtung, nur selten werden fremde Meister herangezogen, diese arbeiten aber dann auch in der Fabrik.

Lobmeyr glaubt an die Rückkehr der sichtbaren Beleuchtungskörper, Luster, für diesen ist ihm die “neue Lampe” nicht so wichtig, nicht alles Licht kommt vom Luster-Möbel, das kunst-handwerkliche Objekt muß aber auch noch 2050 verwendbar sein. Lobmeyr ist eine “workable platform for the customer´s ideas”, arbeitet daher eher ohne Katalog.

Baccarat sieht auch den boom, will Tradition mit neuester Technik mischen.

Auf Fragen aus dem Publikum will Herr Perrin von “Aladin Antik” wissen, was die Firmen mit dem Angebot neuer Leuchtmittel tun wollen? Messungen wären laufend wichtig, es ginge um die Farbechtheit. Als Restaurator besteht die Angst die historische Substanz eines Lusters oder einer Lampe mit neuer Technik zu zerstören. Baccarat will Geduld zeigen, warten auf ausgereifte Verbesserungen, bis dahin soll man die bewährte Edisonlampe, vor allem die Fassung belassen.

Das Europaverbot war ein Versuch der Lampenlobby zugunsten der Sparlampen, ist aber so nicht erfolgreich. Es könnte zu einer Rücknahme des Verbotes in der EU kommen?

Beispiele wie die Lichtskulpturen von Ingo Maurer, auch mit mattem Licht, sind nicht zu vergleichen mit der beabsichtigten Kristallwirkung durch Brechung und Reflex von Kristall.

Die Preispolitik der Lampenindustrie folgt nicht mehr den Produktionspreisen, es sind – etwa bei den Leuchtstofflampen – ganz falsche Marktpreise, es ist reine Preispolitik. Man müsse beim Vergleich die ganze Ökobilanz von der Planung über Produktion, Verwendung und Entsorgung prüfen.

Emissionen durch Strombedarf gegenüber dem geringen Quecksilberwerten bei Sparlampen?

 

Ein Schlusswort bringt Dr. Käthe Klappenbach mit einem Satz aus einer Publikation aus der Zeit des Überganges vom Gas- zum elektrischen Licht von 1897 (Zeitschrift für Beleuchtungswesen, Heiz- und Lüftungstechnik, Berlin, Heft 30, 30. Oktober 1897, Dekorative Beleuchtung. Adolf Brüning: Moderne Beleuchtungskörper. S. 317-320), die in der Ausstellung präsentiert war,: „Die Tage des Kronleuchters seien gezählt, so sagt man. Im Reiche des elektrischen Lichtes fehle ihm jede Existenzberechtigung und sein baldiges Ende sei nicht fern. Nun – einstweilen lebt er noch ruhig weiter und man denkt noch nicht daran, auf dieses liebgewordene Schmuckstück zu verzichten, das sowohl als strahlender Lichterstrauß, wie als Ziergerät des Tages seine Geltung hat. Vor allem aber ist es eine Eigenschaft, die ihm noch lange Lebenskraft verleihen wird, nämlich das Vermögen, durch seine Gestaltung irgend einen Gedanken, sei es religiöser, sei es patriotischer oder auch nur rein poetischer Natur zu verkörpern, der durch die Bestimmung des zu schmückenden Raumes oder sonstige Beziehungen gegeben ist.“


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